«Früher war das Stoma mein Albtraum – jetzt gebe ich es nicht mehr her!»
Marcel Brunner ist wie ein Phönix aus der Asche: «Es geht mir körperlich und psychisch so gut wie schon lange nicht mehr, ich bin richtig glücklich.» Eine pure Frohnatur und Sportskanone? Weit gefehlt: Hinter dem ersten Eindruck des sympathischen Ostschweizers steckt eine unglaubliche Lebensgeschichte.
Diagnose Morbus Crohn, bereits als Kind mehrere Darmoperationen und drei Stoma-OPs, heftiges Mobbing in der Schule, eine kranke Mutter, die soziale Isolation und Suizidgedanken. Die Lebensfreude und das gesunde Aussehen stehen im Gegensatz dazu, dass Marcel krank ist, auf die Behinderten-Toilette muss und zur Risikogruppe gehört. Der 34-Jährige engagiert sich aktiv für Stomaträger und ist überzeugt: «Durch meine eigenen Erfahrungen kann ich Mitmenschen helfen.»
«Ich habe viel zu erzählen, das muss jetzt raus!»
Marcel wollte immer sein wie alle anderen und hat sich versteckt, damit man nicht merkt, wenn es ihm nicht gut geht. Seit zirka zwei Jahren postet Marcel regelmässig auf seinen Social Media-Kanälen und spricht offen über seine Erkrankung und das Thema «künstlicher Darmausgang». Die Resonanz ist überwältigend! «Ich hätte nie gedacht, dass ich so viele positive Reaktionen erhalte und dass es so viele Menschen mit denselben Problemen gibt.» Durch diese Erfahrung hat es sprichwörtlich Klick gemacht. Marcel erkannte: Je offener man ist, umso verständnisvoller ist das Gegenüber. «Niemand spricht gerne über Ausscheidungen, dabei ist es etwas ganz Natürliches.» Gleichzeitig geht es Marcel darum, das Tabuthema zu brechen. «Immer wieder fragen mich Follower, was das für ein "Ding" sei. Mit meiner Arbeit möchte ich die gesunde Bevölkerung über das Stoma aufklären und das Interesse von Unwissenden wecken.» Seine Offenheit hat ihn auch selber verändert. «Das positive Denken hatte ich immer, doch jetzt bin ich viel selbstbewusster.»
Endlich leben …
Vor seiner Operation war Marcel meistens krank und energielos. Jetzt spielt Sport eine grosse Rolle: Fitness, Unihockey, Wandern oder Schwimmen. «Ich fühle mich endlich wie ein normaler Mensch!». Mit einem Stoma sei alles möglich, einfach mit mehr Vorsicht, zum Beispiel mit einem Bauchgurt. «Das Stoma gibt mir die lang ersehnte Freiheit zurück. Ich kann mit Freunden in den Ausgang, ins Kino, essen gehen, reisen … und unterwegs kann man es problemlos leeren.»
«Etwas vom Wichtigsten ist, Hilfe anzunehmen.»
Marcel schmunzelt: «Meine Stomatherapeutin sagt heute noch, ich sei als Kind richtig schlimm gewesen.» Zuerst habe er sich sozial komplett zurückgezogen und gegen das Stoma gekämpft. «Wenn man am Verlust festhält, macht es dich kaputt. Man muss versuchen, die Situation zu akzeptieren, sonst ist das Stoma immer dein Feind. Es heilt nicht richtig oder ist vielleicht nicht dicht, weil man sich nicht so genau darum kümmert oder ein unpassendes Produkt verwendet.» Klar, am Anfang sei es eine starke Umstellung. Plötzlich trägt man einen Beutel am Bauch, an dem Fäkalien rauskommen! Und vielleicht gibt’s auch mal eine Sauerei, weil man den Umgang noch nicht gewohnt ist. Aber all das lege sich mit der Zeit. Und glücklicherweise können Fachpersonen und andere Betroffene helfen – und die Produkte sind heute auch viel besser als vor 20 Jahren.
A propos Produkte …
In seiner Jugendzeit testete Marcel verschiedene Beutel. «Jeder neue Versuch ist ein Risiko, also habe ich lange überlegt, ob ich tatsächlich den Anbieter wechsle.» Das Test-Kit von B. Braun Medical hat Marcel überzeugt. Heute nutzt er den Ileostomiebeutel Softima® konvex. «Vorher war ich zufrieden, jetzt bin ich richtig happy! Im Gegensatz zu anderen Produkten löst sich der Beutel nicht von der Platte ab und hält so gut, dass ich ihn bis zu drei Tage lang nutzen kann.» Weitere Vorteile sind für Marcel der angenehme Tragekomfort, die gute Hautverträglichkeit und die Farbe. Den Beutel Softima® Active empfiehlt Marcel insbesondere für sportliche Aktivitäten, weil die Platte sehr dünn ist. «So etwas habe ich vorher noch nie erlebt: Man hat nicht das Gefühl, einen Beutel zu tragen, er ist so geschmeidig und macht jede Bewegung mit.»
Der reizfreie Hautschutz Askina® Barrier Film sei angenehm anzufassen und schütze die Haut, zudem klebe und trockne er besser als die vorher getesteten Produkte. «Früher war der Beutel nach einem Tag locker und den zweiten Tag habe ich nur mit einem ganz unguten Gefühl überstanden. Mit den Produkten von B. Braun habe ich viel Sicherheit gewonnen. Auch die Betreuung und Beratung ist einfach top, ich fühle mich sehr gut aufgehoben und ernst genommen», schwärmt Marcel. Von Caroline Humbert (B. Braun Clinical Specialist) wird er auch persönlich beraten. Betroffene dürfen sich für Auskünfte gerne an sie wenden (siehe Kontaktdaten am Seitenende). Weitere Informationen liefert zudem der Ileostomie Ratgeber.
Von der Stomakappe Be 1® ist Marcel begeistert: «Das ist eine richtig coole Idee! Könnte ich Be 1® nutzen, würde ich das sofort tun. Der Deckel ist so klein und unauffällig, damit würde ich auch ohne Gürtel schwimmen gehen.» Marcel wünscht sich mehr Innovationsgeist: neue Lösungen anstelle des Beutels – oder falls Beutel, dann vielleicht farbige Hüllen mit Graffiti-Motiven für junge Leute? «Wenn das Stoma zum trendigen Accessoire wird, würde man auch dazu stehen.»
Du bist nicht allein
In der Schweiz werden jährlich rund 3'500 Stomaanlagen angelegt, immer häufiger sind auch junge Menschen betroffen. Was denken andere? Bin ich noch attraktiv? «Als Jugendlicher habe ich mich nicht getraut, darüber zu sprechen, geschweige denn einem Mädchen näher zu kommen. Ein Beutel voll Scheisse ist ja nicht sehr erotisch.» Seine erste Freundin hatte Marcel mit 24 Jahren. Es dauerte lange, bis er mit ihr über das Stoma sprach. «Wenn es dich eckelt, dann begreife ich es. Doch es ist nicht ansteckend, stinkt nicht und ist keine Einschränkung. Ihre Reaktion? Total easy!»
Marcel hat es auch geholfen, mit anderen Betroffenen über den Umgang mit dem Stoma und über Themen wie Sexualität, Partnerschaft oder Reisen zu sprechen. «Seit 2020 engagiere ich mich selber als Leiter der young ilco Zürich. Ich will so Ängste abbauen, mein Wissen weitergeben und Lebensfreude wecken, denn mit einem Stoma steht einem nichts im Wege.» Seine Lebensgeschichte habe ihn charakterlich positiv verändert. «Anderen zu helfen ist doch viel mehr Wert als ein schönes Haus und ein teures Auto. Aus meinen Begegnungen haben sich sogar Freundschaften entwickelt.»
Ein Rückblick in dunkle Kapitel
Die Leidensgeschichte von Marcel begann mit sieben Jahren: Blut im Stuhl. Die Symptome wurden mit Kortison behandelt, doch die Ursache blieb. Morbus Crohn zerstörte «munter» weiter. Marcel erinnert sich: «Ich sass oftmals die ganze Nacht auf der Toilette und hatte extreme Schmerzen.» Weitere Begleiterkrankungen machten sein Leben zur Hölle: Entzündungen der Speiseröhre und Gallengänge, Juckreiz, gelbe Augen, chronische Blasenentzündungen und Abszesse auf der Haut durch das geschwächte Immunsystem. Hinzu kam ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs und Lebererkrankungen.
Mit 12 Jahren wurden Marcel der gesamte Dickdarm und die Hälfte seines Dünndarms entfernt. «Hätte ich damals mit meinem heutigen Wissen selber entscheiden können, hätte ich mich wahrscheinlich dagegen gewehrt.» Denn der Eingriff brachte viele neue Probleme mit sich: Mangelernährung, Durchfall, schmerzhafte Entzündungen der Speiseröhre und im Anus – und die Krankheit verlagerte sich auf die verbleibenden Stellen.
«Das Stoma war ein Riesen-Schiessdräck!»
Aufgrund weiterer Komplikationen, insbesondere Fisteln zwischen dem Darm und der Blase, wurde Marcel mit 12 Jahren ein erstes Stoma angelegt. Er konnte es nicht akzeptieren, hat sich einfach nur geschämt und wollte sich verstecken. «Ich wurde stark gemobbt, sogar verprügelt und hatte den Übernamen "Säcklischiesser", das hat mich sehr geprägt.» Die Mitschüler schmiedeten Pläne; festhalten und T-Shirt hochziehen war nur einer der Streiche. Da das Material damals noch nicht so ausgereift war, lief das Stoma oft aus und Marcel geriet in peinliche Situationen. «Ich war verzweifelt und weinte viel», erzählt Marcel. «Deshalb habe ich die Ärzte angelogen und behauptet, die Fisteln seien plötzlich weg und man könnte das Stoma nun zurückverlegen.» Im Nachhinein sei das natürlich idiotisch gewesen, denn die Probleme haben sich dadurch nur verschlimmert. Der Durchfall wurde so extrem, dass Marcel sogar Windeln tragen musste – sein Selbstbewusstsein sank in den Keller. Er getraute sich als Jugendlicher nicht, mit jemandem darüber zu sprechen. Alles, was er erzählte, wurde negativ gegen ihn verwendet und die Mobbing-Spirale drehte sich weiter …
In der Schule Schlägereien, zu Hause Reibereien
Früher war Marcels Mutter seine Bezugsperson. Als er beinahe ein Jahr lang im Kinderspital war und sein erstes Stoma bekam, war sie fast täglich bei ihm. Doch sie veränderte sich dramatisch. Chorea Huntington zerstörte nicht nur schleichend ihre Muskelfunktionen, sondern machte sie aggressiv und unberechenbar. Marcel war dem psychischen Stress alleine ausgeliefert, bis er mit 17 zu seinem Vater zog. Heute lebt seine Mutter in einem Pflegeheim, kann seit Jahren nicht mehr sprechen, essen oder trinken und ist im Rollstuhl. Wann immer er kann, besucht Marcel sie. «Ich möchte ihr etwas zurückgeben, denn sie war als Kind immer mein Rückhalt.» Dass diese Erkrankung zu 50 Prozent vererbbar ist, belastet Marcel und seinen Bruder. «Ich möchte irgendwann eine Familie, habe aber immer im Hinterkopf, ich könnte das Gen weitervererben.»
Vom Feind zum Lebensretter
Im Alter von 20 Jahren dann der zweite Versuch: Das Stoma wurde erneut gelegt. «Mir ging es zuvor so schlecht, dass ich im Spital meistens auf der Toilette übernachtet habe.» Marcel begriff, dass die Stoma-Operation überlebenswichtig war. «Durch das Stoma ging es mir deutlich besser – und das wirkte sich auf Körper, Psyche und Geist aus. Ich wurde rasch stärker und motivierter, ich bin einfach nur froh um mein Stoma und würde es nie mehr hergeben!»
Im Sog des schwarzen Lochs
Die neu gewonnene Lebensqualität wurde von dunklen Wolken überschattet. «Ich hatte keine Energie mehr, selbst das Duschen war anstrengend.» Marcel kapselte sich mehr und mehr von der Aussenwelt ab und zog sich zu Hause in seine sichere Burg zurück. Austherapiert und am Ende seiner Kräfte konsumierte er Cannabis, um seine Schmerzen zu lindern. Anstelle von Verständnis für seine gesundheitliche Situation erntete er nur Misstrauen, wurde als Drögeler beschimpft und verlor seinen Führerausweis. «Alle dachten, ich sei ein schlechter Mensch! Ohne Auto konnte ich meine Mutter nicht mehr besuchen und fiel in ein tiefes Loch.» Seinem Umfeld war nicht bewusst, wie ernst die Situation war. Einzig der Gedanke, dass seine Mutter ohne ihn nicht klar kommt, hielt ihn vom letzten Schritt ab. «Ich hatte zum Glück die Kraft, mir selber Hilfe zu holen». Der damals 30-Jährige wandte sich an seine Vertrauensperson im Spital und erzählte ihr von seinen Selbstmordgedanken. Alarmstufe rot! Dank wöchentlichen Sitzungen bei einer Psychologin und medizinischer Behandlung überwand Marcel seine Depressionen. «Man darf sich auf keinen Fall dafür schämen! Früher habe ich auch gedacht, das sei doch eine Lebenseinstellung – doch die Erfahrung hat mir das Gegenteil bewiesen.»
Jetzt fängt das Leben erst richtig an!
Bald fängt Marcel an zu arbeiten, seine erste 50 Prozent-Anstellung. «Klar, ich habe etwas Angst, ob ich das schaffe oder ob mir die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung macht, aber ich freue mich extrem und bin sehr motiviert. Die Anstellung zeigt mir, dass ich wieder einen Schritt weiter bin und die nötige Kraft und den Mut dazu gewonnen habe.» Sein Engagement für die ilco Schweiz und die Aufklärungsarbeit auf Social Media will er ebenfalls weiterführen. «Mein Lebensweg hat mich zu meiner Lebensaufgabe geführt.»